Wofür ich meinem Beruf mit Borderline-Erfahrungsexpertise dankbar bin
- Johanna Längle
- 18. Juli
- 6 Min. Lesezeit
Eine psychische Erkrankung zu haben, ist nicht beschämend. Was beschämt, ist der Umgang unserer Gesellschaft mit Menschen in seelischer Not – als wären sie defekt, statt einfach zutiefst menschlich. Hier komme ich ins Spiel.
Mein Weg: Von Borderline verstehen zu selbstständig mit Borderline
Es gibt Tage, da vergesse ich, wie weit ich gekommen bin. Tage, an denen ich nur sehe, was noch offen ist.
Die unbeantworteten Mails. Die Podcastfolge, die noch eingesprochen werden will. Und irgendwo dazwischen diese stille Sorge: Ob das, was ich tue, wirklich genug ist oder ob ich alle nur mit meiner Borderline-Erfahrung nerve.
Aber dann gibt es diese anderen Momente. Da denke ich an früher – an eine Version von mir, die noch krank war, selbst hilfe suchte und daran, wie viel sich seither verändert hat. Und dann wird mir klar:
Meine Borderline-Erfahrungsexpertise ist nicht einfach ein Job. Es ist mein Weg.
Es ist aus dem entstanden, was ich selbst gebraucht hätte.
Deshalb schreibe ich diesen Beitrag als Teil der Blogparade „Wofür bist du deinem Business dankbar?“ – und auch, um mich selbst zu erinnern: Daran, warum ich losgegangen bin, selbstständig mit Borderline. Und was seither entstanden ist.

Vom Überleben zum Begleiten: Mein Beruf mit Borderline
Ich bin Borderline-Erfahrungsexpertin und das ist für mich mehr als ein Titel (den ich übrigens auch habe). Ich habe Borderline nicht gelernt – ich habe die Erkrankung erlebt.
Ich kenne die Zustände, in denen das Leben sich nicht aushaltbar anfühlt: Die Intensität, die Leere, das Gefühl, in keinem Moment ganz da zu sein – und gleichzeitig von allem überflutet.
Ich habe viele Jahre nach einem Ort gesucht, an dem ich mich nicht als unzumutbares Monster fühle, sondern an dem ich sein darf – ohne Scham, ohne Maske. Heute erschaffe selbst diese Räume, in denen genau das möglich ist:
Ich begleite Betroffene und Angehörige, unterstütze Fachkräfte, halte Vorträge, schreibe Bücher, gebe Workshops und co-hoste einen Podcast mit meinem Beruf mit Borderline.
Aber vor allem: Ich arbeite mit Menschen, die denken, ihre Siutaiton wäre hoffnungslos und dass es keinen Weg mehr für sie gäbe. Ich darf ihnen zeigen, dass es sehr wohl Wege gibt – auch wenn sie im Moment vielleicht noch unsichtbar erscheinen.
Und genau dafür bin ich meiner Rolle als Erfahrungsexpertin dankbar: Weil es mir erlaubt, das weiterzugeben, was ich mir als hoffnungslose Person gewünscht hätte.
Nun schauen wir genauer hin: Warum bin ich dankbar mich für den beruflichen Weg der BorderlineErfahrungsexpertin?
1. Mein Business gibt meinem Erleben Bedeutung
Mein Programm für Betroffene heißt „Stabil durch die Wellen“. Ein treffender Name – denn genau so fühlt sich das Leben mit Borderline oft an: unruhig, unvorhersehbar, aufwühlend.
Aber es ist möglich, darin Halt zu finden. Nicht durch Kontrolle, sondern durch Verbindung. Und durch das Wissen: Ich bin nicht allein. Meine eigene Geschichte – meine gelebten Erfahrungen mit Borderline und all dem, was dazugehört – machen es mir möglich, anderen genau dieses Gefühl weiterzugeben: Du bist nicht allein..
Dass mein Angebot mit meiner Borderline-Erfahrung wirkt, zeigen mir die Rückmeldungen. Viele schreiben mir, dass sie sich zum ersten Mal verstanden fühlen. Dass sie Worte gefunden haben für etwas, das sie bisher nur gefühlt, aber nie erklären konnten.
Mein Business erlaubt mir, zu wirken – nicht trotz meiner Geschichte, sondern durch sie. Ich darf dazu beitragen, dass mentale Gesundheit und Business kein Widerspruch mehr sind. Dass Selbstständigkeit trotz / mit und nach psychischen Erkrankungen möglich ist – ehrlich, lebendig und auf Augenhöhe.
Du möchtest beim Programm "Stabil durch die Wellen" für Betroffene dabei sein? Melde ich an unter hallo@johanna-laengle.at.
2. Meine Geschichte macht Mut, vorallem für Borderline-Angehörige– und erinnert mich selbst an das, was zählt
Anfangs war da viel Unsicherheit. Wer sollte mir zuhören? Würden Menschen mir glauben, dass genau dort meine Stärke liegt, wo ich am meisten gekämpft habe?
Doch dann kam dieser Moment. In einer Vorbereitung für einen Vortrag, sagte meine Mama:„Weißt du, Fachkräfte sagten immer nur: Du musst loslassen, lass deine Tochter endlich los.
Aber wie sollte ich dichloslassen, wenn ich jeden Tag Angst hatte, dass du dir etwas antust?“
In diesem Moment wusste ich: Ich muss etwas unternehmen, es braucht mehr Hilfe bei Borderline. Für die Angehörigen. Für die, die mit lieben, mit leiden – und oft überhört werden.
Borderline betrifft nicht nur die Betroffenen. Es erschüttert ganze Beziehungen. Viele Angehörige kämpfen mit dem Gefühl, helfen zu wollen – und trotzdem immer wieder zu scheitern, sich dabei verantwortlich zu fühlen.
Angehörige erleben Wut, Panik, Verzweiflung, Schuld, Überforderung.
Und oft stehen sie damit allein da.
Diesen Menschen kann ich sagen: Ihr seid nicht allein.

Ich kenne beide Seiten: die der Person, die als hoffnungslos galt – und die derjenigen, die heute andere durch Krisen begleitet, in denen alles hoffnungslos scheint. Ich kann über Themen sprechen, über die viele schweigen – über Suizidalität, Selbstverletzung, emotionale Ausnahmezustände.
In meiner eigenen Geschichte habe ich erfahren, was in akuten Momenten wirklich hilft – und was nicht.
Ich habe danke meiner Borderline-Erfahrung gelernt, wie man deeskaliert, ohne Druck auszuüben, wie man Halt gibt, auch wenn keine Worte mehr möglich sind. Diese Hilfe mit Borderline gebe ich heute weiter, weil ich weiß, dass viele Angehörige genau in diesen Situationen völlig allein dastehen.
Was ich vermittle, ist nicht abstrakt. Es ist gelebte Praxis. Ich spreche aus Erfahrung – um verständlich zu machen, was hinter dem Verhalten steckt, und um Wege aufzuzeigen, wie man damit umgehen kann, ohne sich selbst zu verlieren.
Ich zeige: Ein erfülltes Leben ist trotz / mit und nach der Borderline-Erkrankung möglich. Genesung ist nämlich mögich.
Im Borderline Bootcamp schaffe ich Räume, in denen Angehörige wieder Hoffnung finden und verstehen dürfen, ohne sich aufzugeben. Es sind Räume, wo ihre Angst Platz hat, ihr Mitgefühl – auch mit sich selbst.
Denn Hilfe bei Borderline heißt nicht, alles zu lösen. Es heißt: da zusein, auszuhalten. Und Stück für Stück einen Umgang finden, der wirklich trägt.
3. Mein Business als Borderline-Erfahrungsexpertin lässt mich wachsen – jeden Tag
Mein Business fordert mich – und genau deshalb lässt es mich wachsen.
Jede Begegnung bringt etwas Neues. Kein Gespräch gleicht dem anderen. Ich bin gefragt, präsent zu sein, klar zu kommunizieren, flexibel zu reagieren. Erzählt man mir etwas, spüre ich hin und mit, um zu verstehen und dann erklären zu können. Das bedeutet auch, immer wieder bewusst mit mir selbst in Kontakt zu bleiben.
Ich habe gelernt, meine Grenzen zu spüren und ernst zu nehmen. Ich arbeite nicht gegen mich, sondern mit mir. Ich weiß, wie wichtig Pausen sind – und dass Selbstfürsorge kein Luxus ist, sondern Voraussetzung für tragfähige Begleitung.
Viele meiner Klient*innen kennen das Gefühl, sich anpassen zu müssen. Immer stark zu wirken, obwohl man innerlich zusammenbricht. Auch ich kenne das gut. Vielleicht ist es genau deshalb so heilsam, heute sagen zu können: Hier darfst du du sein.
Auch ich lerne mit jeder Begegnung dazu. Und manchmal werde ich traurig, weil ich soviel Leid sehe und denke, wie kann ich allen helfen? Ich spüre Ohnmacht. Aber ich bleibe da – nicht trotz meiner Geschichte, sondern gerade wegen ihr, und will mein Ziel ist: Niemand soll zurückgelassen werden.
Mit dem Borderline-Podcast beispielsweise wollen wir in jedes dunkle Zimmer, in jedes gefühlte hoffnungslose Herz vordringen: Es gibt immer einen Weg, auch wenn er sich noch nicht zeigt.
Persönliches Wachstum als Selbstständige bedeutet für mich nicht, größer zu werden, sondern in die Tiefe zu gehen: Für mich bedeutet das in ständiger Reflexion klarer zu werden, ohne hart zu werden. Weicher zu werden, ohne mich zu verlieren. Und immer wieder neu zu entscheiden, worauf es gerade wirklich ankommt.

4. Borderline verstehen: Ich bin Teil einer Bewegung, die neue Bilder schafft
Borderline ist noch immer stark stigmatisiert. Es gibt viele Vorurteile – selbst im therapeutischen Kontext. Menschen mit Borderline gelten als „anstrengend“, „grenzüberschreitend“, „manipulativ“. Dabei erzählen die Symptome vor allem eines: von früheren Verletzungen. Und von dem tiefen Wunsch nach Beziehung.
Mit meinem Podcast „Borderline verstehen“, meinen Büchern auf Amazon und dem Borderline Bootcamp für Angehörige versuche ich, neue Perspektiven zu öffnen.
Borderline-Angehörige unterstützen heißt nicht, Lösungen vorzugeben, sondern Raum zu schaffen – für Fragen, für Ambivalenz, für echtes Verstehen und für dem Sich-wieder-Vertrauen. Denn oft spüren Angehörige sehr gut, was wirklich los ist.
Ich bin dankbar, Teil dieser Bewegung zu sein und vorne mitzugehen. Weil wir mehr wollen als Tipps und Techniken: Wir wollen Verbindung und Verantwortung. Beides ist möglich.
Und mentale Gesundheit und Business schließen sich nicht aus, sondern ergänzen und beflügeln sich.
Ich bin selbstständig mit Borderline – und vielleicht ist genau das die Verbindung, die du gesucht hast.
Vielleicht bist du selbst betroffen. Vielleicht bist du Angehörige*r, Fachperson oder auf deinem ganz eigenen Weg mit psychischer Erkrankung.
Was auch immer dich hierher geführt hat – ich freue mich, dass du da bist.
Wenn du spürst, dass dich etwas davon berührt hat, dann lern mich kennen, und finde heraus, was dich in deinem nächsten Schritt wirklich unterstützen kann.
🌀 Für Betroffene: „Stabil durch die Wellen“ – Start im September
❤️ Für Angehörige: Borderline Bootcamp - Start im September
🎧 Podcast hören: „Borderline verstehen“ auf Spotify
📚 Bücher entdecken: Meine Bücher auf Amazon
Lerne mich kennen und wir finden heraus, was für dich möglich werden kann.
Alles Liebe und schön, dass du mich gefunden hast,
Johanna
Wow, was für ein berührender Artikel, der Verständnis erzeugt und Stigmata auflöst. Ich bewundere, wie Du diesen Weg konsequent gehst!